Über unsere Komfortzone - alles eine Frage der Definition

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Vor fast drei Monaten haben wir den Atlantik überquert und sind in Brasilien angekommen. Wir waren froh und auch stolz diesen Teil der Reise gemeistert zu haben. Doch wir haben uns nach der langen Zeit auf dem Meer auch nach Land gesehnt, nach einem ruhigen Platz ohne Bewegung, nach frischem Essen, nach einem Ort an dem wir uns erholen können. Und genau diesen Ort haben wir bekommen. Aus reinem Zufall haben wir uns in einem kleinen Hafen in einem ruhigen Fluss niedergelassen und uns ab dem ersten Tag wohl gefühlt. Wir haben uns so wohl gefühlt, dass wir fast drei Monate dort geblieben sind. Die Menschen dort wurden zu Freunden und der Hafen zu einem kleinen Zuhause. Von Tag zu Tag kannten wir uns mehr aus, wussten wo es schön ist und wo wir welche Dinge bekommen können. Und obwohl ich es schon immer als weniger komfortabel empfand zu dritt auf ein 3 mal 11 Metern zu leben, anstatt in einer Wohnung die immer am selben Fleck steht, ohne hin und her zu schaukeln wurde dieser Ort immer mehr zu meiner Komfortzone. 

 

Vor kurzem habe ich in einem Seminar gelernt, dass man unsere Lebenssituation in verschiedene Zonen einteilen kann. Der Ort an dem wir uns wohlfühlen und uns entspannen können, wo wir uns sicher fühlen, das ist unsere Komfortzone. Hier befinden wir uns meistens am liebsten. Doch wenn wir dort ausbrechen und etwas tun, wofür wir Mut brauchen, ganz egal was es ist, dann bewegen wir uns langsam aber sicher in die sogenannte Lernzone. Meistens passiert das wenn wir anfangen unsere Ziele zu verfolgen oder wenn wir etwas wagen, was wir nie zuvor getan haben, wenn wir etwas Neues ausprobieren oder etwas Missglücktes noch mal aufs neue wagen. Wenn wir jedoch die Kontrolle verlieren und etwas gefährlich wird, oder uns etwas bedroht, so kommen wir in die Panikzone, Situationen die wir vermeiden wollen, Situationen der Angst.

 

Und wenn ich nun zurück denke an die letzten drei Monate, so weiß ich plötzlich, dass sich diese Zonen verschieben können. Es war für mich ein Sprung ins kalte Wasser, mit einem Segelboot zu verreisen, so unglaublich viele Situationen in denen ich in meiner Lernzone so wie auch in meiner Panikzone war. Die Atlantiküberquerung kurz zuvor, war eine Zeit in der ich nicht nur eine riesige Distanz sondern auch Hürden die mir meine eigene Psyche gestellt hat bewältigt habe. Und plötzlich war für einige Wochen auf einmal Ruhe in mein Leben eingekehrt. Unser Boot stand still, unsere Reise pausierte. Und obwohl es eng ist, wir mit wenigen Dingen auskommen, weit weg von unserer gewohnten Heimat sind fand ich zurück in meine Komfortzone, in der ich vor der Reise schon so lange Zeit verbracht habe. Dies ist keine Bewertung sondern lediglich eine Beobachtung. Ich war zufrieden damit, dass Leben kann nicht jede Sekunde aus Abenteuer und Aufregung bestehen. Es gibt Zeiten in denen man sich ausruhen muss, von äußerlichen Phasen in denen man viel dazugelernt hat. 

 

Doch plötzlich fühlte ich mich bei dem Gedanken weiter zu segeln fast genauso wie kurz vor unserem Reisebeginn. Mir war auf einmal unwohl, wenn ich daran dachte raus aufs offene Meer zu segeln, dieses gewohnte Umfeld plötzlich wieder hinter mir zu lassen, in dem Wissen vielleicht nie mehr zurück zu kehren. Und ich merkte das auch Jonas und Thilo sich hier wohl fühlten und länger bleiben wollten als sonst. Auch sie mochten das Gefühl an einem Ort zu leben, der einem vertraut ist, wo man alles kennt. Jedes mal wenn wir von der Abfahrt redeten waren wir uns einig noch ein paar Tage länger bleiben zu wollen, noch etwas zu warten, auf was auch immer. Ich hatte schon fast ein wenig Angst, weiterzusegeln. Immer wieder hatte ich die blöden Erfahrungen auf dem Meer im Kopf, anstatt an die Guten zu denken. Und als wir dann ablegten und mitten in der Nacht in den unruhigen Wellen unser Steuerrad blockierte und uns zwang so schnell es ging in den alt bekanntem Hafen zurück zu kehren wurde meine Angst noch größer. Es war kein guter Start denn von jetzt auf gleich sprang ich aus meiner Komfortzone mitten in meine Panikzone hinein. Ist es das was ich will? Fragte ich mich. Mich ständig in Salzwasser getränkt irgendwo festklammern und hoffen gut in den nächsten Hafen zu gelangen? Ich fing an alle die guten Momente die wir bisher hatten zu vergessen und mir schlecht zu reden was wir hier tun. Das Segeln ist seit Beginn an eine Herausforderung für mich, ich liebe es an Orten anzukommen, neues zu sehen, zu reisen. Doch das alles mit einem Segelboot zu tun ist eine Hürde, die ich immer und immer wieder bewältigen muss. Es ist eine Mischung aus Aufregung, Anstrengung, Freiheit und schwierigen Situationen. Doch ich vergaß, wie schön es sein kann nach diesen aufregenden Tagen auf dem Meer anzukommen und wie schön es sein kann auf den Ozean zu schauen und zu wissen, dass wir mit dem Wind reisen. 

Doch ich wusste, dass es bald weitergehen muss, das wir nicht hier bleiben können, sondern weiter  unseren Zielen entgegenblicken wollen und so reparierten wir alles was kaputt gegangen war und legten ein zweites Mal ab. Ein zweiter Versuch also, ich schluckte meine Angst und all meine zerstörerischen Gedanken herunter und versuchte unvoreingenommen der nächsten Strecke entgegen zu blicken. Und genau das war das Beste, was ich tun konnte. Wir hatten zwei gute Tage auf dem Meer, die Sonne schien, der Wind schob uns an und wir erreichten Natal. Ein neuer Ort, neue Leute und  neue Erfahrungen warteten auf uns. Und allein der Gedanke, dass ich nicht für immer in meiner neuen Komfortzone verweilen kann, weil ich sonst stagniere und aufhöre dazuzulernen, brachte mich dazu weiter zu fahren. 

 

Und das ist der Gedanke, den ich mit euch teilen möchte. Solange wir jeden Tag das gleiche tun, immer wieder machen, was wir kennen, das was wir mögen oder vielleicht auch nicht mehr so gerne mögen, befinden wir uns in unserer Komfortzone. Es ist gemütlich dort und wir sehen kaum einen Grund diesen Ort zu verlassen. Doch solange wir uns hier befinden ist es schwierig etwas für unser Leben dazuzulernen. Denn dafür brauchen wir die Lernzone. Diese ist nicht immer auf dem Ozean zu finden oder während einer Reise. Genauso kann sie für jeden unterschiedlich groß oder klein sein. Sie wird zudem jedes Mal wenn wir uns hineintrauen ein wenig größer, denn unser Maßstab verlängert sich um so mehr Erfahrungen wir machen. Die Lernzone ist nicht definiert oder mit Kriterien abgesteckt, sie ist für jeden individuell und sie kann überall sein, nur nicht in den Dingen die zu unseren Gewohnheiten gehören. Doch es ist unheimlich schwierig seine Komfortzone zu verlassen. Es wird ungemütlicher sein und anstrengender. Wir haben Angst aus dem Gewohnten heraus zu treten und mal etwas Neues auszuprobieren. Doch vielleicht hilft es sich bewusst zu machen das unser Leben wenn alles gut läuft lang ist und das wir immer wieder in unsere Komfortzone zurück kehren können wenn uns danach ist. Es gibt nichts auf der Welt was uns zwingt für immer in einer bestimmten Zone zu verweilen. Wir können Situationen ausprobieren, sie austesten schauen ob sie uns gefallen und wenn das nicht der Fall ist, dann dürfen wir sie auch wieder verlassen. Mich zwingt niemand hier zu bleiben, ich kann wenn ich will in den nächsten Flieger steigen und nach Hause fliegen, mir eine Wohnung und einen Job suchen. Doch wenn ich meine Lernzone betrete merke ich danach jedes Mal auf neue  wie glücklich sie mich macht. Ich bin stolz und zufrieden und vor allem sammle ich wertvolle Erfahrungen. Und das ist es mir wert, mutig zu sein und mich so oft ich kann aus meiner Komfortzone zu trauen. Lass uns öfter daran denken wie wichtig es ist nicht sein ganzes Leben gemütlich an sich vorbei ziehen zu lassen, sondern auch mal etwas auszuprobieren und sich selbst heraus zu fordern, denn so lernen wir fürs Leben. Auf welche Art und Weise wir das tun wollen müssen wir alle für uns selbst herausfinden. Doch es gibt für jeden/jede etwas was ihn/sie reizt oder was sein/ihr Interesse weckt, warum nicht einfach mal ausprobieren was in unser Köpfen schwirrt, nur so wissen wir ob es uns gefällt und daraus lernen werden wir so oder so. 

Leonie

Wie ich mit Jonas und Thilo das bis jetzt größte Abenteuer meines Lebens starte und euch auf meiner Gedankenreise mitnehme.

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